Es regnet immer noch. Ted schließt seinen Regenschirm und lässt ihn im Flur stehen, wo sich das Wasser nun zu einer Pfütze sammelt.

            „Dein Schirm“, protestiert Alma. „Da gehört der nicht hin!“

            Aber Ted ist schon in die Küche geeilt und begutachtet den Wasserschaden, den sein Exemplar Dubliner von James Joyce erlitten hat. Mit einem lauten Ratsch reißt er Seiten aus Almas Spektrum der Wissenschaft.

            Alma steckt den Regenschirm in den Schirmständer und greift nach dem bereitgestellten Wischmopp. Wütend moppt sie die Pfütze auf und wringt den Wischbezug aus. Auf dem Weg in die Küche schnappt sie sich noch ein Handtuch für Ted. Sein Bart tropft.

            „Warum habe ich dir eigentlich den Schirm gekauft?“

            „Damit ich die Bücher schützen kann.“

            Alma schüttelt den Kopf und macht Teds Abendessen warm: Spaghetti Bolognese. Sie hat schon gegessen. Wenn sie spät abends noch warm isst, kann sie nicht schlafen. Morgen muss sie einkaufen gehen. Sie hat keine Tomaten mehr für Teds Sandwiches. 

            Nachdem er seine braune Ledertasche auf der Heizung platziert hat, rubbelt Ted seine Haare trocken und schubst dabei fast seine Brille von der Nase. Dann legt er das Handtuch neben den Teller; eine Ecke hängt gefährlich nah über den Spaghetti.

            Mit einer geübten Handbewegung rettet Alma das Handtuch vor lästigen Flecken. Dann blättert sie durch Teds Buch. Hoffentlich hat er nicht den Artikel über Radioteleskope für seine Buchtrocknungsaktion rausgerissen. Den wollte sie noch mal lesen. An den Seitenrändern tummeln sich Teds gekritzelte Anmerkungen. Schnee als Symbol für Gabriels Unfähigkeit zu handeln. Sie überfliegt die letzten paar Zeilen des Texts: …während er den Schnee still durch das All fallen hörte. So ein Unsinn. Das muss Himmel heißen und nicht All. Außerdem fällt nichts im interstellaren Raum. Schließlich gibt es da keine Schwerkraft. Wenn es dort Schnee gibt, dann treibt der höchstens. Ted würde jetzt sagen, sie ist pingelig und dass es bildlich gemeint ist. Aber falsch ist trotzdem falsch.

            Alma hat ihren Artikel gefunden und legt das Buch wieder auf die Heizung. Sie gibt nicht viel auf literarische Klassiker. Und diesbezüglich schlägt Julie voll und ganz nach ihr. Ihre Tochter studiert Biologie in Marburg und untersucht gerade, wie Fledermäuse auf die Verstädterung reagieren. Es ist für ihre Doktorarbeit. Nachdem sie ihrem Vater davon erzählt hat, hat er ihr ein Exemplar von Bram Stokers Dracula zum Geburtstag geschickt. Alma ist sich nicht ganz sicher, ob Ted ernsthaft gemeint hat seine Tochter würde das lesen oder ob er sich einen Spaß erlauben wollte.

            Ted schlürft inzwischen seine Spaghetti und verteilt dabei rote Spritzer auf der Tischdecke.

            „Schau mal, was in meiner Spektrum war.“

            „Mmm.“ Er schaut nicht mal hoch. Seine Brille ist halb beschlagen vom Dampf der Nudeln.

            „Über Astronomie“, sagt Alma und setzt sich. Sie wartet, doch erhält wieder keine Antwort. „Die Universität von Manchester will ein riesiges Radioteleskop bauen.“

            Das Wort Universität weckt Teds Aufmerksamkeit. „Weißt du, ich habe gerade überlegt, morgen halte ich diese Vorlesung über Mrs Dalloway und die Studenten haben Schwierigkeiten einen Bezug zum Buch zu finden. Vielleicht wenn ich ein paar Szenen aus dem Film The Hours mit einflechte, vielleicht würden sie dann das Buch mehr wertschätzen.“

            „Mit Radioteleskopen kann man das Universum kartografieren. Sterne senden Radiowellen aus. Das neue Teleskop wird viel detailliertere Daten empfangen können. Hier schau, hier steht: Es wird fundamentale Fragen über das Universum aufwerfen.“

            Sie stupst Teds Hand an.

            „Wie bitte?“ Wie eine aufgeschreckte Eule starrt er sie an.

            „Du hörst ja gar nicht zu!“

            „Entschuldige bitte.“ Er legt den Löffel beiseite und schenkt ihr seine volle Aufmerksamkeit. Zumindest könnte man das meinen. Bei diesem Mann kann man sich einfach nicht sicher sein, was gerade in seinem Kopf vorgeht.

            „Schon gut.“ Alma steht auf und geht zum Fenster. Sie hat keine Lust, alles nochmal zu erzählen. Stattdessen sieht sie den Regentropfen zu, wie sie sich ihren Weg die Scheibe hinunter winden. Nicht umsonst kommt der Name Aachen vom Altgermanischen für Wasser. Die Regenwolken werfen ihren Ballast ab, bevor sie über die Eifel klettern und verursachen damit ein konstantes Pochen gegen ihre Fensterscheiben, ein Plitsch-Platsch in ihrer Dachrinne. Das hält sie die ganze Nacht wach, und das Schlafzimmerfenster beschlägt immer von Teds Atem.

            Lieber träumt Alma von elektromagnetischen Wellen, von großen Parabolschüsseln, fünfhundert Meter im Durchmesser und größer, und fragt sich, wie die Sterne wohl klingen.

***

            „Wie gedankenlos von Alma“, denkt Ted. In der Mittagspause hatte er ein loses und zerdrücktes Ei-und-Mayonnaise-Sandwich ganz tief unten in seiner Tasche gefunden. Verzweifelt hatte er versucht die Fettflecken aus den Seiten von Charlotte Perkins Gilmans Die gelbe Tapete zu tupfen. Aber es war hoffnungslos. Zuhause starrt er nun wieder auf das durchscheinende Papier. Was dieser Frau nur manchmal durch den Kopf geht?

            „Und wo hat sie nur diesen verdammten Regenschirm hingetan?“ Er schält sich das durchnässte Hemd vom Rücken und wirft es über die Heizung, wo Dr. Jekyll und Mr. Hyde zu steifen Wellen trocknet. Von nun an wird er seine Sandwiches selber machen.

            Das Brot im Küchenschrank reicht gerade mal für ein Sandwich. Und Alufolie ist auch keine mehr da. Das erklärt zumindest den jetzigen Zustand seiner Bücher. Alma liegt auf dem Sofa und schläft.

            In seiner Verzweiflung durchsucht Ted sogar den Kühlschrank. Der ist auch fast leer. Da ist nichts mehr drin, was für ein Abendessen reichen könnte und er ist hungrig. Dabei war Alma doch gestern erst einkaufen. Die Satellitenschüssel, die sie mitgebracht hat, war nicht zu übersehen. Hoffentlich bittet sie ihn nicht, das Ding anzubringen. Sie weiß doch, dass er zwei linke Hände hat, was Handwerkliches angeht. 

            Lustlos schnappt Ted sich den Autoschlüssel und schiebt seine Füße wieder in die feuchten Schuhe. Als erstes wird er einkaufen gehen. Und dann wird er sich auf die Suche nach seinem Regenschirm machen.

***

Die Satellitenschüssel liegt in Einzelteilen auf dem Garagenboden. Alma wollte sie als Radioteleskop nutzen, aber das hat nicht geklappt. Die Form ist falsch. Sie braucht etwas wie eine Obstschale, nur größer, und eine spiegelnde Oberfläche, um das Signal besser einzufangen. Mit dem Regenschirm sollte es klappen.

            Gestern hat sie die Satellitenschüssel in Aluminiumfolie eingepackt, aber die dämliche Folie ist auf dem Plastik dauernd verrutscht. Immer wieder riss die dünne Folie und als sie dann auch noch aufgebraucht war, platzte Alma der Kragen und sie attackierte die Schüssel mit dem Schraubenzieher.

            Sie muss wohl die zwei Extra-Rollen im Küchenschrank übersehen haben. Komisch, normalerweise lagert sie die Alufolie immer unter der Spüle. Jetzt sollte es für den Regenschirm reichen. Mit einer teuflischen Genugtuung reißt sie den Schirmstoff von den Speichen und blickt auf das nackte Drahtgestell, das nun seinem eigentlichen Zweck beraubt ist. Jetzt kann sie es mit Aluminiumfolie beziehen. 

Dabei muss sie nur vorsichtig arbeiten. Die Folie ist so furchtbar dünn. Noch ein falsch zugeschnittenes Stück landet auf dem Boden und noch eins. Der nächste Zuschnitt reißt, kurz bevor sie ihn in die richtige Position gebracht hat. Frustriert wirft sie auch den weg, aber die Folie will sie weiter ärgern und schwebt sanft durch die Luft und zurück auf den Gartentisch. Dann eben auf die harte Tour! Alma knautscht das Silber zu einem Schneeball, der niemals schmelzen wird.

            Das Kleben ist noch komplizierter. Es darf keine Falten geben, das stört den Empfang. Vorsichtig glättet Alma die angeklebten Bögen mit ihren Fingerspitzen. Es ist ein Balanceakt: die Folie muss gut gespannt sein, darf aber nicht reißen. Sie hebt Ecken hoch, richtet aus, macht einen Fehler und fängt wieder von vorne an. Dann hat sie eine Idee: Sie geht ins Haus und holt einen Locher. So kann sie die Folie auf den Regenschirmspeichen auffädeln. Die kleinen runden Alu-Konfettischnipsel erinnern sie irgendwie an Sterne.

„Ausgestanzte Silberstücke über den Himmel gestreut“, murmelt sie vor sich hin und lacht. Ihre Hände zittern. Das ist das letzte Stück. Sie zwingt sich ruhig zu bleiben, atmet tief ein. Langsam lässt sie ihre Finger über die Speichen gleiten, drückt die Nähte flach. Dann glättet sie noch einmal die letzten Unebenheiten. Die Folie leuchtet verführerisch im Licht der Deckenlampe.

            Fertig. Der Aluminiumbezug sitzt. Alma holt den Signalumsetzer, den sie von der Satellitenschüssel abgeschraubt hat, misst den Abstand zwischen der Regenschirmkuppel und dem Griff und schraubt den LNB fest.

            Das Gras im Garten ist nass vom letzten Regenschauer. Der Himmel ist immer noch bewölkt, aber es hat aufgehört zu regnen, und hier und da schimmert der Nachthimmel hindurch, glitzern ein paar Sterne.

            Alma hat die Leiter schon zurechtgestellt. Aber zuerst muss sie das Kabel an Julies alten Laptop anschließen. Zum Glück hat sie die Frequenzumwandlungssoftware noch nicht deinstalliert, die Julie letzten Sommer für ihr Forschungsprojekt benutzt hat. Was sie wohl hören wird? Fast verliert sie das Gleichgewicht, wie sie so auf der Leiter balanciert, eine Hand auf der kalten Sprosse, in der anderen den Regenschirmempfänger. Ihre Schuhe und der Saum der Hose sind nass und schwer.

            Zunächst kommt nur ein starkes Rauschen aus den Laptoplautsprechern. Alma dreht den Empfänger nach rechts.

„Ich schließe meine Augen, lösche jedes Tabu – Küsse auf der Haut, so wie ein Liebes-Tattoo“, singt eine kräftige Frauenstimme. Ein Radiosender. Wahrscheinlich WDR 4. Eine weitere Drehung und eine Männerstimme, dieses Mal niederländisch. Alma kippt den Regenschirm.

            „Tango, Charlie, null, zwei, erbitte Fahrzeugüberprüfung.“ Das Signal ist schwach, es knackt und knistert. Dann schaltet Alma auf den Frequenzumwandler um. Jetzt kann sie sogar einen Fledermausruf hörbar machen. Aber es ist immer noch nicht das, was sie eigentlich sucht.

***

Ted starrt runter in den Garten. Aber es rührt sich nichts mehr. Vielleicht war es eine Katze, die auf einen Mülleimer gesprungen ist? Gerade will er die Vorhänge wieder zuziehen und sich hinlegen, da öffnet sich die Tür an der Rückseite der Garage und Alma kommt mit einem silbernen Etwas in der Hand heraus. Was macht sie nur im Garten um diese Uhrzeit? Und was ist das Ding, das sie da in der Hand hat? Es sieht aus wie…

            Alma schaut zum Schlafzimmerfenster hoch und Ted geht in Deckung. Als er wieder hochkommt, platziert Alma gerade einen der Holzgartenstühle, auf dem Julies Laptop steht, neben der Metallleiter. Was sie wohl mit der Leiter will? Jetzt klettert Alma hoch, das Silberding in der Hand. Ted lehnt sich weiter vor, um besser sehen zu können.

„Atemlos einfach raus – Deine Augen ziehen mich aus!“, singt Helene Fischer aus dem Laptop. Das Silberding… Das ist sein Schirm!

            Die Leiter wackelt gefährlich, und im nächsten Moment hat Alma die Balance verloren, rutscht… Er schnappt nach Luft. Der Fuchsienbusch federt ihren Fall ab. Alma ist schon wieder aufgestanden, und dieses Mal schafft sie es, seinen Schirm auf der Leiter zu platzieren.

            Jetzt probiert sie unterschiedliche Positionen. Er hört ein unidentifizierbares Knistern und Gemurmel. Was, wenn sie die Nachbarn aufweckt? Ein paar Minuten später klettert Alma die Leiter wieder hinunter, geht zum Laptop und klettert dann wieder hinauf. Das Geräusch ist verstummt.

            Ted wartet. Aber als die Kälte der Fensterscheibe seine Nase zum Laufen bringt, entschließt er sich, wieder ins Bett zu gehen. Er wird Alma morgen abend mit ihrem Verhalten konfrontieren, oder noch besser, er wird sich einfach seinen Regenschirm zurückholen.

***

Ted wartet, bis Alma vor dem Fernseher eingeschlafen ist. Er beobachtet ihr Gesicht über den Rand der Brille, während er so tut, als würde er die Vorlesungen für nächste Woche vorbereiten. Wahrscheinlich war sie die ganze Nacht im Garten. Der Himmel weiß, was sie da gemacht hat.

            Das erste, was Ted ins Auge fällt, als er die Garage betritt, sind die blauen Fetzen, die überall auf dem Boden verstreut liegen. Das war einmal sein Regenschirm. Er hebt eins der kleinen Stücke auf und schüttelt den Kopf. Was hat sie sich nur dabei gedacht? 

Der Rest des Schirms liegt auf dem Gartentisch. Ted schaut sicherheitshalber noch einmal zum Haus, aber alles ist ruhig. Jetzt erst einmal runter mit der ganzen Aluminiumfolie. Aber Moment, was ist das? Die Folie ist nicht einfach drumgewickelt. Nein, jedes Blatt ist mit vielen kleinen Löchern versehen und sorgfältig auf die Regenschirmspeichen aufgefädelt worden. Vorsichtig streicht er mit den Fingern über die Übergänge. Alma muss sie mit ihren Fingerspitzen geglättet haben, Stück für Stück. Die Arbeit muss sie Stunden gekostet haben.

            Behutsam dreht er das Konstrukt einmal um sich selbst. Welch eine Symmetrie! Wie ein übergroßer Diamant. Nein, zarter! Eine gefrorene Seifenblase! Er streichelt die zarte Haut aus Aluminium. Die Folie antwortet mit einem leisen Knistern.

            „Was machst du mit meinem Empfänger? Leg ihn sofort wieder hin!“ Alma steht in der Garagentür.

            „Nichts. Ich hab nur meinen Regenschirm gesucht.“

            „Der gehört jetzt mir. Kauf dir einen neuen.“

            „Warum? Wozu brauchst du ihn denn?“

            Alma schaut ihn argwöhnisch an. „Willst du das wirklich wissen?“

            „Natürlich.“

            „Aber du interessierst dich doch nie…“, setzt Alma an und entscheidet sich dann doch anders. „Gut. Hol Julies Laptop. Ich werd’s dir zeigen.“

            Ted holt das Verlängerungskabel und steckt alle Kabel ein. Währenddessen hat Alma den Empfänger bereits ausgerichtet. 

„Stell den Laptop da drauf.“ Sie zeigt auf den Gartenstuhl. „Und klick auf das blaue Symbol mit dem Lautsprecher. Und jetzt setz die Kopfhörer auf und sag, sobald du was hörst.“

Zunächst hört Ted das Rauschen in seinen Ohren. Dann ein kurzes Knacken. Er hört genauer hin. „Halt! Genau da. Nein, warte…“

Da ist es wieder! Es schwillt an und stirbt ab und dann wird es wieder lauter. Wie das Pulsieren des Bluts in den Venen. Ein rhythmisches Wa-wusch.

„Alma!“, ruft er, „Ich höre was!“

Alma klettert von der Leiter. „Lass mich mal!“

„Es ist weg“, sagt Ted enttäuscht, „Du hast den Empfänger runterrutschen lassen.“

Alma seufzt. „Na gut, dann steigst du jetzt da hoch und hältst fest und ich höre.“

Ted nimmt Almas Platz auf der Leiter ein.

„Mehr nach links. Hoch. Ein bisschen mehr kippen. Stopp! Ich kann es hören! Das sind die Sterne.“ Alma macht einen kleinen Freudenhüpfer.

Ted klemmt den Regenschirm zwischen zwei Sprossen fest und geht zu Alma. Er presst sein Ohr gegen die Außenseite des Kopfhörers, seine Wange streift Almas Haar.

Er horcht ganz genau, aber das Geräusch wird schwächer. Es fängt wieder an zu regnen. Er schaut zum Himmel und dann zum Laptop. Kleine Tropfen landen auf der Tastatur. Sie sollten die Sachen besser reinbringen.

Aber Alma protestiert: „Nein, ich will noch weiterhören.“

„Aber der Laptop wird nass.“

Widerwillig folgt sie Ted in die Küche. „Wir könnten ja einen Unterstand bauen.“

„Könnten wir.“

Alma lächelt. „Versuchen wir’s nochmal, sobald der Regen aufhört?“

***

Sie sitzen in den Gartenstühlen und lauschen den Sternen. Ted hat Sandwiches gemacht: Käse und Gürkchen für Alma und Rührei mit Schinken für sich. Sie lauschen dem gleichmäßigen Pulsieren, das sich mit Intervallen von weißem Rauschen abwechselt. Jetzt versteht er, was Joyce sagen wollte, als er von dem zarten Feuer der Sterne schrieb, das Erinnerungen erleuchtet. Vielleicht sollte er einige von Almas Aufnahmen seinen Studenten vorspielen.

            Fast jede Nacht sind sie hier draußen, und das seit drei Wochen. Manchmal erzählt Alma ihm von den Sternen. Fakten, die sie über Tag gesammelt hat, und spielt ihm die Signale vor, die sie aufgenommen hat – wunderbare Hintergrundgeräusche, um seine Vorlesung nochmal im Kopf durchzugehen. In anderen Nächten liest Ted ihr aus seinen Klassikern vor – Almas Kopf an seiner Schulter und ihre Finger in seinem Haar. Er erklärt seine Interpretationen, bis sie einschläft. Für ihren Geburtstag nächste Woche hat er einen Galaxienführer gekauft mit doppelseitigen Illustrationen von Nebeln und Schwarzen Löchern. Hoffentlich gefällt er ihr.

            Alma nimmt die Kopfhörer ab und lächelt ihn an. „Ich bin müde.“

            Sie steht auf und geht zum Zelt, das sie im Garten aufgestellt haben. Früher sind sie damit jeden Sommer in Urlaub gefahren – bevor Julie geboren wurde und Camping zu anstrengend wurde.

            „Kommst du auch, Ted?“

            „Gleich. Ich räume nur noch die Sachen weg.“

            Alma kann im Zelt viel besser schlafen. Sie liebt das Klopfen des Regens auf dem Stoff, sieht gerne zu, wie die Schatten über das Zeltdach tanzen, wenn der Wind weht.

            Ted trennt den Empfänger vom Laptop und stellt beides in die Küche. Er schließt die Hintertür von außen ab und kriecht zu Alma ins Zelt. Viel Platz ist hier nicht, und trotzdem haben sie die Matratze aus ihrem Bett hier reingekriegt.

            Alma öffnet ihren Schlafsack, lädt Ted zu sich ein. Er küsst ihre Stirn und dann ihren Mund. Langsam manövriert Ted seine Hände zwischen sich und Alma, öffnet die Knöpfe ihrer Schlafanzugsbluse. Ihre Brüste sind weicher geworden, aber die Haut ist immer noch so zart wie vor zwanzig Jahren.

            „Komm näher. Es ist kalt“, flüstert Alma.

            Ted schmiegt sich an ihren Hals. Sein Bart kitzelt ihre nackte Schulter. Almas Finger gleiten seinen Bauch hinunter, erinnern sich an alte, vertraute Formen.

            Und über ihnen singen die Sterne in den Weiten des Alls.


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