„Ich will auch benutzt werden!“ schimpfte sie, nur konnte sie kaum jemand hören. „Das ist doch wie ein Kurzschluss, verdammt! Ach, würde doch nur einer passieren … Dann hätte die dämliche Kanne nicht mehr so viel zu gluckern.“

In der Ecke stand sie neben der hölzernen Kommode. Nur ganz selten bekam sie die Zuwendung, nach der sie sich sehnte. Nur selten machte man sich an sie ran, machte man sie an. Das letzte Mal war schon etwas her. So sehr sie sich auch verbog, sie bekam wenig von dem mit, was hier im Haus passierte. Und so sehr sie in die Ecke gedrückt wurde, so sehr fühlte sie sich ausgegrenzt.

Manchmal konnte sie an den regelmäßigen Essen – morgens, mittags, manchmal sogar nachmittags und abends – der aktuellen Gruppe beiwohnen, aber das war immer seltener der Fall. Denn immer öfter nahmen die Gruppen ihr Essen mit zur Couch.

„Was ist bloß aus der Gesellschaft geworden? Fährt in die Erholung und glotzt trotzdem nur in die Röhre!“ Sie war sauer. Sie war richtig sauer.

„Ach Gundula. Jetzt hör doch auf. Du kannst es doch eh nicht ändern. Immerhin bist du im Hauptraum – stell dir vor du wärst eine Variante für das Nachttischchen geworden. Da würdest du ja mal gar nichts erleben …“ 

„Bernd. Glaub mir mal da würde ich richtig viel erleben,“ Gundula lachte sich in den Stecker. Immerhin ließ ihre Wut nach. „Aber … trotzdem. Also jetzt mal echt. Du kannst alles von deinem Platz sehen. Sogar die Vögel, Kaninchen und Katzen im Garten. Wenn keiner hier ist – und das ist ja oft genug der Fall – dann seh’ ich immer nur die olle Krups.“

Krups konnte Gundula nicht hören, sie hatte keinen Schirm für solche emotionalen Gespräche, außerdem sprachen Bernd und Gundula in eigener Sprache. Die Krups hatte dafür ein großes Fassungsvermögen für Wasser und die Kanne eine isolierende Glaswand von innen.

„Und wenn dann doch mal wer hier ist,“ jammerte Gundula weiter, „dann wird die Krups echt jeden Tag benutzt. Sogar wenn die Küche sonst gar nicht benutzt wird!“

„Jetzt hör schon auf. So toll ist Kruppi auch nicht.“

Entsetzt warf Gundula ein: „Die ist kein bisschen toll! Die tropft sogar! Und nicht mal Hightech. Aber dass du mich nicht verstehst, war ja wieder klar. Du kannst ja sogar den Leuten beim Kochen im Garten zuschauen, wenn du magst.“

„Still jetzt!“ Dann hörten die beiden Lampen, wie der Schlüssel im Schloss der Haustüre sich bewegte. Es folgte ein Geräusch von Schritten. Die Türe ging auf. Zielstrebig ging die Person auf Gundula zu und drehte ihr ein neues Leuchtmittel ein, dabei sprach sie: „Jetzt können wir die Stehlampe endlich wieder nutzen!“ Die Frau, die Bernd und Gundula vom Sehen her gut kannten, weil sie regelmäßig kam aber nie lange blieb, klatschte in die Hände. „Ach, die ist doch ganz hübsch!“ Zur Feier des Tages knipste sie die Lampe zweimal an und wieder aus.


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